Während des Zweiten Weltkriegs basierte die deutsche Wirtschaft zu einem großen Teil auf Zwangsarbeit. Sowohl die Fortführung des Krieges als auch die Versorgung der deutschen Bevölkerung waren abhängig von Zwangsarbeiter:innen und deren rücksichtloser Ausbeutung. Alle Bereiche der deutschen Wirtschaft waren von Zwangsarbeit geprägt: Bergbau, (Rüstungs-)Industrie, die Baubranche, Land- und Forstwirtschaft, kommunale Betriebe, Verwaltung und Handwerk, Kirchen, Nahrungsmittelindustrie bis hin zu kleinen Bäckereien und Privathaushalten.

Zwangsarbeit in allen Branchen

Im Jahr 1944 waren 25% der Arbeitsplätze in Deutschland mit Zwangsarbeiter:innen besetzt. An jedem dritten Arbeitsplatz im Bergbau und im Bauwesen mussten 1944 zivile Zwangsarbeiter:innen oder Kriegsgefangene arbeiten. In der Landwirtschaft war es sogar fast jeder zweite Arbeitsplatz. Die deutsche Industrie war spätestens ab 1942 komplett auf den Krieg ausgerichtet. Das bedeutete, dass große Konzerne wie Siemens, BASF, ThyssenKrupp oder VW ihre Produktion auf die Herstellung von kriegswichtigen Geräten umstellten. Eine sehr große Zahl von Zwangsarbeiter:innen arbeitete dann in diesen Fabriken.

Beim Bau des U-Boot-Bunkers "Valentin" in Bremen-Farge beispielsweise waren 50 unterschiedliche Firmen und bis zu 8.000 Zwangsarbeiter:innen verschiedener Herkunft beteiligt. Hier und in ähnlichen Fabriken mussten die Zwangsarbeiter:innen ohne Arbeitsschutz schwere und teils sehr schwere Arbeiten verrichten. Die Schichten dauerten zehn bis zwölf Stunden, an sechs Tagen die Woche. Verletzungen an den Maschinen waren an der Tagesordnung.

Die besondere Rolle der Rüstungsindustrie

Die Sorge vor Sabotageakten war bei den Nationalsozialisten sehr groß. Aus dem Grund wurden gegenüber Zwangsarbeiter:innen in Rüstungsbetrieben oder bei großen Rüstungsprojekten Informationen über den Zweck der Arbeit oft zurückgehalten. Für zusätzliche Unsicherheit sorgte bei den Zwangsarbeiter:innen die Sprachbarriere. Klar war für sie jedoch, dass sie in der Produktion von Waffen und anderen kriegswichtigen Mitteln tätig waren, die gegen ihre eigenen Landsleute eingesetzt werden sollten.

Neben der Rüstungsindustrie war auch die Landwirtschaft in besonderem Maß auf Zwangsarbeiter:innen angewiesen: Ohne sie wäre die Nahrungsmittelversorgung im Deutschen Reich schon 1939, also direkt zu Kriegsbeginn, zusammengebrochen.

Zwangsarbeiter:innen mussten auch in Privathaushalten von Deutschen arbeiten. Leitende Angestellte von Unternehmen, der NS-Behörden oder hohe Parteifunktionäre nutzten oftmals ihre Kontakte, um Haushaltshilfen oder Kinderbetreuung für ihre Ehefrauen zu rekrutieren. Diese Form der Zwangsarbeit betraf vor allem junge Frauen, viele aus der Ukraine. Vor allem gegen Ende des Krieges mussten Zwangsarbeiter:innen in den deutschen Städten Trümmer räumen.

Lohn

KZ-Häftlinge erhielten keinen Lohn für ihre Arbeit. Firmen konnten Häftlinge bei der SS "mieten" und mussten diese bezahlen. Die SS bereicherte sich also dadurch, dass die Häftlinge umsonst arbeiteten. Sowjetische Kriegsgefangene und italienische Militärinternierte (IMI) erhielten zunächst ebenfalls keinen Lohn. Später war er minimal.

Die zivilen Zwangsarbeiter:innen wurden grundsätzlich für ihre Arbeit bezahlt. Allerdings wurde ihr Lohn stark besteuert und die Kosten für Verpflegung und Unterkunft wurden abgezogen. Polen:Polinnen und Ostarbeiter:innen mussten von ihrem Lohn zusätzlich eine Sonderabgabe entrichten. Das bedeutete, dass verschiedene Gruppen unterschiedlich viel Lohn für die gleiche Arbeit bekamen:

Der unterschiedlich hohe Lohn hatte unmittelbare Auswirkungen auf den Lebensalltag der verschiedenen Gruppen: Mit dem Geld, das die Westeuropäer:innen verdienten, konnten sie beispielsweise versuchen, durch Tauschgeschäfte zusätzliche Lebensmittel zu bekommen.

Der unterschiedlich hohe Lohn bedeutete auch, dass die Menschen unterschiedlich teuer für die Firmen waren, die sie beschäftigten. Westeuropäische Arbeiter:innen kosteten im Vergleich mehr als jene aus Osteuropa. Der deutsche Staat ebenso wie die Betriebe, deren Produktion ohne den Einsatz von Zwangsarbeiter:innen schlicht nicht mehr möglich gewesen wäre, bereicherten sich massiv an den Erträgen der Zwangsarbeit.

 

Literatur:

Mark Spoerer, Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa 1939-1945, Stuttgart/München 2001.

Ulrich Herbert, Fremdarbeiter. Politik und Praxis des "Ausländer-Einsatzes" in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Berlin/Bonn 1999.