Die massenhafte Zwangsbeschäftigung ausländischer Arbeiter:innen wurde im Verlauf des Krieges zum Fundament der deutschen Wirtschaft. Die Organisation dieser Zwangsarbeit war komplex, unterschiedliche Dienststellen und Organe des NS-Regimes waren für sie zuständig. Viele Entscheidungen wurden von Behörden vor Ort getroffen – sowohl in den besetzten Gebieten als auch im Deutschen Reich. Beinahe alle deutschen Behörden waren in das System der NS-Zwangsarbeit involviert, ebenso wie ein Großteil der deutschen Wirtschaft. Man spricht deshalb auch von einem "Gesellschaftsverbrechen".

Die Rolle der Arbeitsämter

Bereits vor Kriegsbeginn waren Arbeitsämter und ihre BeamtInnen innerhalb des Deutschen Reiches zentrale Akteure dabei, Juden:Jüdinnen, Sinti:zze und Rom:nja und als "asozial" verfolgte Menschen zur Arbeit zu zwingen. In den besetzten Gebieten selbst waren vor allem die Arbeitsämter dafür zuständig, Menschen zur Zwangsarbeit zu rekrutieren: Oft folgten sie der Wehrmacht und eröffneten Dienststellen bereits kurz nachdem ein Gebiet erobert worden war. In Zusammenarbeit mit der lokalen Verwaltung erfassten sie die Bevölkerung und wussten somit, welche Arbeitskraft vorhanden war. Die Angestellten halfen bei der Anwerbung oder dabei, Rekrutierungslisten zusammenzustellen. Sie stellten Arbeitsbefehle aus und verwalteten Lebensmittelmarken, die oft als Druckmittel eingesetzt wurden: Wer sich nicht meldete, bekam keine Marken und somit nichts zu essen. Die MitarbeiterInnen der Arbeitsämter arbeiteten eng mit der Wehrmacht und teilweise der lokalen Polizei zusammen, die die Zwangstransporte und Straßenrazzien durchführten. Für die Bewachung und den Zwangsarbeitseinsatz der Kriegsgefangenen war ebenfalls die Wehrmacht zuständig. Die Unterbringung, Bewachung und "Vermietung" von KZ-Häftlingen an Firmen verwaltete die SS. Für den Arbeitseinsatz ziviler Zwangsarbeiter:innen schuf die nationalsozialistische Verwaltung eine eigene Behörde: die Stelle des "Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz" (GBA). Dieses neu geschaffene Amt hatte die Aufgabe, die von der deutschen Wirtschaft benötigten Arbeitskräfte nach Deutschland zu bringen. Der GBA legte bestimmte Zahlen an Menschen fest, die aus den besetzten Gebieten als Arbeitskräfte nach Deutschland deportiert werden mussten.

Im Deutschen Reich

Im Deutschen Reich angekommen, wurden Zwangsarbeiter:innen aus der besetzten Sowjetunion – aber zunehmend auch aus anderen Herkunftsländern – zunächst in sogenannten Durchgangslagern untergebracht. Diese unterstanden den Arbeitsämtern und dienten der Verteilung der Zwangsarbeiter:innen an deutsche Betriebe. Die Betriebe stellten Anträge auf Arbeitskräfte. Ihre Angestellten versuchten oft schon in den Durchgangslagern, sich kräftige und beruflich ausgebildete Zwangsarbeiter:innen zu sichern. Auch Landwirte konnten sich Menschen aussuchen, die dann für sie arbeiten mussten, indem sie etwa Märkte aufsuchten, auf denen die Deportierten zur Schau gestellt wurden.

Regulierung und Überwachung

Für die Regulierung, Überwachung und Bestrafung der Zwangsarbeiter:innen war als übergeordnete Behörde das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zuständig. Hier waren unter anderem Geheime Staatspolizei (Gestapo) und SS angegliedert. Die SS war zuständig für die Konzentrationslager und damit auch für die KZ-Häftlinge, die Zwangsarbeit leisten mussten. Die Gestapo war für die Überwachung und Verfolgung von Zwangsarbeiter:innen aus Osteuropa zuständig.

Heinrich Himmler, Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei, gab 1940 die sogenannten ‚Polen-‘ und 1942 die sogenannten ’Ostarbeitererlasse‘ heraus. Die beiden Erlasse bildeten die Grundlage für die rassistische Diskriminierung der polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter:innen und sollten für ihre strikte Absonderung von der deutschen Bevölkerung sorgen. In den Erlassen war beispielsweise geregelt, dass es keinen Kontakt zwischen der als arisch verstandenen deutschen Bevölkerung und den Zwangsarbeiter:innen aus dem Osten geben durfte. Die Verordnungen sahen außerdem die strenge Einhaltung einer rassistischen Kennzeichnungspflicht, ein Verbot zur Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und einen niedrigeren Lohn für polnische und sowjetische Zwangsarbeiter:innen vor.

Die Deutsche Arbeitsfront

Neben den beiden zentralen Instanzen GBA und RSHA gab es zahlreiche andere Behörden, die mit der Organisation der Zwangsarbeit zu tun hatten, beispielsweise die größte NS-Massenorganisation, die Deutsche Arbeitsfront (DAF): In vielen Fällen war sie für die Unterbringung von zivilen Zwangsarbeiter:innen zuständig und stellte die Lagerleiter. Ihre Mitglieder und Funktionäre entwarfen darüber hinaus ein einschränkendes Regelwerk für das Freizeitverhalten der zivilen Zwangsarbeiter:innen und waren maßgeblich an der betriebsinternen Bestrafung beteiligt. Da trotz aller Propaganda und Disziplinierungsmaßnahmen immer wieder intime Verbindungen zwischen als arisch verstandenen deutschen Frauen und Zwangsarbeitern aus dem Ausland entstanden, schuf die DAF als bewusste Gegenmaßnahme "Bordelle für fremdvölkische Arbeiter", in dem Frauen aus den besetzten Gebieten Sex-Zwangsarbeit leisten mussten.

Da Zwangsarbeiter:innen in der Regel verpflichtet waren, sich zu versichern, waren auch die örtlichen Krankenkassen involviert. Das Reichsfinanzministerium war für die Sondersteuern, die für Zwangsarbeiter:innen aus Polen und der Sowjetunion erhoben wurde, zuständig. Anteile des Gehalts von Zwangsarbeiter:innen wurden oft auf Sparkonten deutscher Banken eingezahlt und direkt wieder in die Kriegswirtschaft investiert. Auf diese Weise verdiente der nationalsozialistische Staat bis 1943 7,5 Millionen Reichsmark.

 

Literatur:

Ulrich Herbert. Fremdarbeiter. Politik und Praxis des ‚Ausländer-Einsatzes‘ in der Kriegswirtschaft des dritten Reiches, Bonn 1999

Alexander Nützenadel (Hrsg.). Das Reichsarbeitsministerium im Nationalsozialismus. Verwaltung – Politik – Verbrechen, Göttingen 2017.