Marija Grigorjewna Schabanowa

Marija Grigorjewna Schabanowa (geb. Klimenko) wurde am 25. April 1922 im Dorf Preobrashena in der Ukraine geboren. Vor dem Krieg arbeitete sie als Technikerin im Bergbau. Im Herbst 1942 wurde sie zusammen mit anderen jungen Dorfbewohner:innen zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Nach ihrer Befreiung kehrte sie in ihre Heimat zurück. 1991 kam sie im Rahmen des Besuchsprogramms für ehemalige Zwangsarbeiter:innen erneut nach Köln und sprach dort über ihre Erfahrungen während der Zwangsarbeit.

Zwangsarbeit in einem Kölner Haushalt

Sie beschreibt, dass die Reise im Güterzug nach Deutschland zwei Wochen dauerte. In Köln wurden alle Deportierten zu einem Sammelplatz geführt, auf dem sich Unternehmer und Privatpersonen Zwangsarbeiter:innen für ihre Betriebe und Haushalte aussuchen konnten.

Marija Klimenko kam als Haushaltshilfe zur Familie des Unternehmers Otto Schröder. Zwar bekam sie ein eigenes Zimmer zugewiesen, doch die Lebensbedingungen waren hart. Sie arbeitete täglich von fünf Uhr morgens bis elf Uhr abends im Haushalt; musste putzen, waschen, kochen, einkaufen und sich um die Kinder kümmern. Regelmäßig musste sie auch in der Fabrik von Otto Schröder putzen. Für ihre Arbeit erhielt sie, außer in den ersten beiden Monaten, kein Gehalt. Lediglich die Sonntage hatte sie zur freien Verfügung. An diesen Tagen traf sie sich mit anderen Zwangsarbeiter:innen in den umliegenden Parks.

Freundschaften und Widerstandsaktionen

Da die meisten öffentlichen Orte in Deutschland für polnische und osteuropäische Zwangsarbeiter:innen nicht zugänglich waren, gab es für Marija Klimenko kaum Gelegenheit jenseits ihrer beengten Arbeitsstätte mit anderen Zwangsarbeiter:innen zusammenzukommen und Freundschaften zu schließen. Der Park wurde zu einem zentralen Ort der Begegnung. Zwangsarbeiter:innen aus Russland, der Ukraine, Frankreich und anderen Ländern trafen sich, um zu tanzen und gemeinsam traditionelle Lieder zu singen. Marija Klimenko kam dort in Kontakt mit jungen Zwangsarbeiter:innen, die im Untergrund tätig waren und Sabotageakte, aber auch Attentate auf SS-Männer verübten. Sie beteiligte sich an kleineren Aktionen und hielt den Kontakt zu den anderen aufrecht.

Haft und Folter im Gestapogefängnis

Im Oktober 1944 wurde Marija Klimenko wegen ihrer Beteiligung an den Aktionen der Untergrundgruppe von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) festgenommen. Sie verbrachte fünf Monate im Gestapogefängnis im EL-DE-Haus, wo sie wiederholt verhört und gefoltert wurde. In dieser Zeit musste sie miterleben, wie eine mitinhaftierte Freundin an den Folgen der Misshandlungen starb. Ihre Zelle teilte sie sich mit zwölf anderen Insassinnen. Die Zelle war sehr feucht, es gab keine Strohsäcke, ihre Notdurft mussten die Gefangenen in eine Schüssel verrichten. In derselben Schüssel wurden die Mahlzeiten, wässrige Suppen, gereicht.

Wie viele andere Gefangene des Gestapogefängnisses, hinterließ auch Marija Klimenko Inschriften an den Zellenwänden. Am 19. Dezember 1944 schrieb sie an die Wand in Zelle 1:

"Hier hat Marija Klimenko gesessen aus dem Gebiet Woroschilowgrad, Bezirk Nishneduwansk, Dorf Preobrashena. Sie hat unschuldig gesessen. Es ist mein vorgezeichnetes Schicksal, das meinem Leben bevorsteht. Kurz gesagt, wegen der Schwäche meines Charakters."

Flucht

Anfang März 1945 konnten Marija Klimenko und eine ihrer Freundinnen mit der Unterstützung des polnischen Dolmetschers Stanislaw Adamczyk aus dem EL-DE-Haus fliehen: Kurz bevor sie zu einem weiteren Verhör geführt werden sollte, näherte sich eine US-amerikanische Bomberfliegerstaffel Köln. Im Chaos des ausgelösten Luftalarms dirigierte Adamczyk die beiden Frauen zu einem Leichenwagen, in dem die hingerichteten Inhaftierten des Gestapogefängnisses zum Friedhof gebracht werden sollten. Zwischen den Leichen versteckt, gelang ihnen die Flucht. Als Dank für die Fluchthilfe erhielt Adamczyk zwei goldene Ringe von ihnen.

Befreiung, Heimkehr und neuerliche Schikanen

Kurze Zeit später wurde Köln von US-amerikanischen Truppen befreit. Marija Klimenko arbeitete zunächst wieder bei einem Landwirt, lebte kurze Zeit in einem DP-Camp und konnte dann endlich in ihre Heimat zurückkehren. Dort arbeitete sie als Buchhalterin eines biologischen Forschungsinstituts in Lyssytschansk. Wegen ihrer Zeit in Deutschland blieb sie regelmäßigen Schikanen und Beleidigungen im Alltag und im Berufsleben ausgesetzt. Zeit ihres Lebens hatte sie das Gefühl, für ihren zwangsweisen Aufenthalt verachtet zu werden.

Als sie 1991 noch einmal ins EL-DE-Haus in Köln kam, sprachen Mitarbeiter:innen des Dokumentationszentrums sie auf ihre Wandinschrift an. Marija Klimenko sagte: "Meine Wandinschrift in der Zelle des Gestapogefängnisses habe ich schon lange vergessen. Sie haben mich an sie erinnert. Vielen Dank den Kölner Antifaschisten, dass sie diese Wandinschriften für die Geschichte erhalten haben." In der Zelle, in der sie inhaftiert gewesen war, legte sie Blumen für ihre Freundin und die vielen anderen Opfer, die dort starben, nieder.