Während des Nationalsozialismus wurden insgesamt etwa 13 Millionen Menschen zur Zwangsarbeit in Deutschland verpflichtet. 8,4 Millionen zivile Männer, Frauen und Kinder aus den besetzen Gebieten bildeten die größte Gruppe, gefolgt von 4,6 Millionen Kriegsgefangenen und 1,7 Millionen KZ-Häftlingen.

Zwangsarbeit als Maßnahme zur Disziplinierung, Ausgrenzung und Verfolgung

Bereits vor Beginn des Zweiten Weltkriegs mussten unterschiedlichste Personen in NS-Deutschland Zwangsarbeit leisten. Diese Form der Zwangsarbeit hing eng mit der nationalsozialistischen Ideologie zusammen, die Menschen nicht nur in höherwertig und minderwertig, sondern auch in nützlich und unnütz einteilte. Frauen und Männer, die nach den Rassegesetzen als deutsch galten, sollten dem Staat dienen, indem sie möglichst viele Kinder zur Welt brachten bzw. sich den aggressiv-militärischen Anforderungen unterstellten. Jene, von denen die NationalsozialistInnen behaupteten, dass sie nichts zur "Volksgemeinschaft" beitragen würden, zwangen sie zur Arbeit. Dies wurde als berechtigte Erziehungsmaßnahme des Staates ausgegeben.

Seit 1933 wurden deswegen Personen, die die NationalsozialistInnen als "asozial" bezeichneten, zur Pflichtarbeit gezwungen. Obdachlose, Wanderarbeiter:innen, Bettler:innen, Alkoholiker:innen, Sexarbeiter:innen, Langzeitarbeitslose und andere mehr wurden unter diesem Begriff zusammengefasst. Allen war gemeinsam, dass sie am Rand der Gesellschaft lebten und oft arm waren.

Zudem galten im Nationalsozialismus alle Angehörigen der Minderheit der Sinti:zze und Rom:nja als "asozial". Ab 1936 mussten sie ihre Wohnorte verlassen und wurden interniert – z.B. im Zwangslager Marzahn in Berlin. Seitdem mussten sie auch Zwangsarbeit leisten. 1938 wurden in der sogenannten "Aktion Arbeitsscheu Reich" über 10 000 als "asozial" Stigmatisierte in Konzentrationslager verschleppt.

Juden:Jüdinnen wurde seit 1933 systematisch die Lebensgrundlage entzogen. Ihnen wurden immer mehr Berufe verboten, ihre Geschäfte boykottiert und sie somit massenweise in die Arbeitslosigkeit gedrängt. Die so erzeugte Arbeitslosigkeit wurde von den NationalsozialistInnen dann als Vorwand genutzt, um Juden:Jüdinnen ohne Arbeit ab 1938 zur Zwangsarbeit zu verpflichten. Ab 1941 wurde dies auf die gesamte jüdische Bevölkerung ausgeweitet. In isolierten Gruppen – dem sogenannten "Geschlossenen Arbeitseinsatz" wurden sie getrennt von den als "arisch" bezeichneten Arbeiter:innen eingesetzt. Ab 1942 wurden fast alle zu diesem Zeitpunkt noch in Deutschland lebenden Juden:Jüdinnen in die besetzten Gebiete in Osteuropa deportiert, wo mehr als hunderttausend von ihnen in eigens dafür gebauten nationalsozialistischen Mordlagern ermordet wurden.

Kriegsgefangene

Die Genfer Konvention regelt die Behandlung von Kriegsgefangenen und soll sie schützen. Sie legt beispielsweise fest, dass Arbeitseinsätze grundsätzlich erlaubt sind, der Einsatz in der Rüstungsindustrie oder an gefährlichen Arbeitsorten jedoch verboten ist. Kriegsgefangene müssen außerdem bezahlt werden, wenn sie für private Firmen arbeiten. Diese Regelungen galten auch während der NS-Zeit. Sie wurden jedoch von deutscher Seite nur für einzelne Gruppen von (westlichen) Soldaten eingehalten. Sowjetische Kriegsgefangene mussten in großer Zahl in der Rüstungsproduktion arbeiten. Vielen wurde außerdem ihr Kriegsgefangenenstatus aberkannt, sodass es einfacher war, sie für die deutsche Wirtschaft auszubeuten.

Insgesamt geht man von etwa 4,6 Millionen Kriegsgefangenen aus, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten. Je nach Herkunftsland hatten sie nur sehr geringe bis gar keine Gestaltungsmöglichkeiten bezüglich ihrer Lebensbedingungen und keinerlei Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen.

Zivile Zwangsarbeiter:innen

Fast achteinhalb Millionen Zivilist:innen – Männer, Frauen und Kinder – wurden im Lauf des Zweiten Weltkriegs aus den besetzten Ländern Europas und Nordafrikas nach Deutschland verschleppt und dort zur Arbeit gezwungen. Zusätzlich mussten in den besetzten Gebieten ca. 13 Millionen Menschen Zwangsarbeit leisten. Die Zahl lässt sich nur ungefähr schätzen.

Die Lebens- und Arbeitsbedingungen ziviler Zwangsarbeiter:innen waren sehr unterschiedlich und hingen in erster Linie von der Herkunft der Betroffenen ab. Westeuropäer:innen verfügten über mehr individuelle Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Lebensbedingungen, Polen:Polinnen und Osteuropäer:innen wurden in Lagern weggesperrt und waren einem rassistischen Sonderrecht unterworfen. Für alle zivilen Zwangsarbeiter:innen galt, dass sie weder ihr Arbeitsverhältnis eigenständig auflösen konnten, noch nennenswerten Einfluss auf ihren Arbeitsalltag hatten. Ihr Arbeitseinsatz geschah gegen ihren Willen und wurde mit Zwangsmaßnahmen durchgesetzt.

Häftlinge in Konzentrationslagern

Konzentrationslager waren ein zentrales Herrschaftsinstrument der NationalsozialistInnen. Politische und religiöse Gegner:innen, als "asozial" Stigmatisierte, Homosexuelle, Menschen, die wiederholt straffällig geworden waren, sowie Juden:Jüdinnen und Sint:izze und Rom:nja wurden ohne Gerichtsurteil und auf unbestimmte Zeit in KZ gesperrt. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde außerdem eine große Zahl tatsächlicher oder vermeintlicher politischer Gegner:innen in den besetzten Ländern in die Konzentrationslager verschleppt.

Seit Bestehen der Konzentrationslager, mussten die Häftlinge Zwangsarbeit leisten. Anfänglich diente sie der SS vor allem als Terror- und Bestrafungsmittel. Das änderte sich, als im Jahr 1942 aufgrund des anhaltenden Krieges dringend Arbeitskräfte für die Rüstungsproduktion benötigt wurden. KZ-Häftlinge wurden zunehmend in der Kriegswirtschaft eingesetzt. Immer mehr kleinere Lager, sogenannte Außenlager, entstanden in der Nähe von Betrieben. Diese konnten bei der SS, die die Lager verwaltete, Häftlinge anfordern und "mieten".

Man schätzt, dass ca. 1,7 Millionen KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten mussten. KZ-Häftlinge waren völlig entrechtet, sie hatten keine Möglichkeit, Einfluss auf ihre Lebens- oder Arbeitsbedingungen zu nehmen.

Häftlinge in Gefängnissen, Zuchthäusern, Straflagern

Arbeit diente schon vor 1933 als Disziplinierungsmaßnahme im Strafvollzug. Seit 1938 mussten Justizgefangene in Arbeitskommandos auch außerhalb der Strafanstalten arbeiten. Mit Beginn des Krieges erhöhte sich die Anzahl der ausländischen Häftlinge in den Justizhaftanstalten. Sie wurden von den deutschen Gefangenen streng getrennt. Ab September 1944 befanden sich fast neunzig Prozent aller Justizhäftlinge im Arbeitseinsatz für die Rüstungsindustrie. Auch sie hatten keinen Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen.

 

Literatur:

Mark Spoerer. Zwangsarbeit unterm Hakenkreuz, Stuttgart/München, 2001.

Ulrich Herbert. Fremdarbeiter. Politik und Praxis des "Ausländer-Einsatzes" in der Kriegswirtschaft des Dritten Reiches, Berlin/Bonn, 1985.