Das Strafgefängnis Wolfenbüttel war zur Zeit des Nationalsozialismus mit insgesamt über 15.000 Inhaftierten die zentrale Haftstätte für Männer im früheren Land Braunschweig. Ab 1933 wurden zunehmend politisch Andersdenkende, sozial und rassistisch Ausgegrenzte, Homosexuelle sowie Zeugen Jehovas im Gefängnis inhaftiert. Im Verlauf  des Zweiten Weltkrieges stieg stieg die Anzahl der ausländischen Gefangenen stark an. Das Strafgefängnis war eingebunden in das System der nationalsozialistischen Zwangsarbeit: Innerhalb und außerhalb des Gefängnisses mussten die Strafgefangenen, neben Zivilarbeitern oder KZ-Häftlingen,  unter zum Teil unmenschlichen Bedingungen an mehr als 70 Orten arbeiten, auch unter Tage. Zwischen 1937 und 1945 wurden mindestens 526 Todesurteile der nationalsozialistischen Justiz an deutschen und ausländischen Strafgefangenen in Wolfenbüttel vollstreckt.

Bürgerschaftliches Engagement und erheblicher Widerspruch von Familienangehörigen aus dem Ausland verhinderte in den 1980er Jahren einen geplanten Abriss des ehemaligen Hinrichtungsgebäudes. 1990 wurde am historischen Ort die Gedenkstätte eingerichtet.Bis heute werden die Gefängnisgebäude von der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wolfenbüttel für den Strafvollzug genutzt. Da die historischen Orte im Sicherheitsbereich der JVA liegen, sind sie nur nach einer Voranmeldung zugänglich. In den Jahren 2014 bis 2019 hat eine grundlegende Neugestaltung stattgefunden. Im Bereich der ehemaligen Gemeinschaftszellen kann nun ein interaktives und multimediales Bildungsangebot genutzt werden. Das ehemalige Hinrichtungsgebäude ist nach Voranmeldung zugänglich. Dort wird an die 526 Hingerichteten erinnert.

Seit Ende 2019 ergänzt ein Dokumentationszentrum die historischen Orte. Die Dauerausstellung „Recht. Verbrechen. Folgen. Das Strafgefängnis Wolfenbüttel im Nationalsozialismus“ bildet das Kernstück des neuen Gebäudes. Das Dokumentationszentrum verfügt über einen Seminar- und Veranstaltungsraum, eine Bibliothek und Sammlung der Gedenkstätte sowie einen Buch-Shop. Damit ist einer der zentralen Lernorte für die Bundesrepublik Deutschland zur Geschichte von Justiz und Strafvollzug innerhalb der NS-Gewaltherrschaft entstanden, der sich in der Konsequenz zugleich der Fragilität von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie widmet.

Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel bietet verschiedene Bildungsangebote zum Thema „Justiz und Strafvollzug im Nationalsozialismus“ an. Grundlage des Bildungskonzeptes der Gedenkstätte bildet die Selbständigkeit und das forschend-entdeckende Lernen.

Die Bildungs- und Vermittlungsarbeit der Gedenkstätte soll dazu anregen, über die nationalsozialistische Vergangenheit zu forschen, Geschichtsbilder zu hinterfragen und eigene Positionen zu entwickeln. Die Veranstaltungen werden so weit wie möglich interaktiv und methodisch abwechslungsreich gestaltet. Die Gedenkstätte hält ein breites Angebot an Themen und Methoden bereit. Es ist für verschiedene Niveau- sowie Altersstufen konzipiert und wird handlungsorientiert, multiperspektivisch und mit größtmöglicher Methodenvielfalt vermittelt. Die Programme umfassen Führungen, Halb- und Ganztagesangebote sowie mehrtägige Workshops.

Multimediale Lernumgebung in der Gedenkstätte, 2016, Jesco Denzel
Multimediale Lernumgebung in der Gedenkstätte, 2016, Jesco Denzel
Modell des Strafgefängnisses Augmented Reality – Anwendung, Helge Krückeberg, 2019
Modell des Strafgefängnisses Augmented Reality – Anwendung, Helge Krückeberg, 2019

Anschrift

Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel
Am Herzogtore 13
38300 Wolfenbüttel
Telefon: 05331 935501-0

Öffnungszeiten

Das Dokumentationszentrum ist frei zugänglich und von Dienstag bis Sonntag, 10-17 Uhr geöffnet. Die Dauerausstellung kann individuell besichtigt werden.