(Un)sichtbare Geschichte – NS-Zwangsarbeit in Unternehmensgeschichten

Berlin

„Orte der Zwangsarbeit“ waren neben den Lagern, in denen die Zwangsarbeiter:innen untergebracht waren, vor allem auch die Orte, an denen sie arbeiten mussten. Für die Bildungsarbeit zum Thema können deswegen auch Firmengeschichten Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung sein. Als ad-hoc Reaktion auf die Pandemie im Frühjahr 2020 entstand so im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit der Online-Workshop (un)sichtbare Geschichte. NS-Zwangsarbeit in Unternehmensgeschichten.

Der Workshop via Zoom baut zentral auf der Betrachtung der Selbstdarstellung von Unternehmen und ihrer Firmengeschichte(n) auf ihren jeweiligen Websites auf. Nach einer kurzen allgemeinen Einstiegs-Präsentation zum Thema NS-Zwangsarbeit und der Definition von Zwangsarbeit leiten die Referent:innen zur Kleingruppenarbeit über. Die Aufgabe besteht darin, sich kritisch mit der digitalen Selbstdarstellung der jeweiligen Unternehmen beschäftigen. Die simple Frage lautet: Wie wird diese Geschichte dargestellt? Die Teilnehmenden können dazu aus einer Liste von Unternehmen wählen. Sie umfasst private wie staatliche Betriebe aus verschiedenen Branchen.

In Break-Out-Sessions bekommen die Kleingruppen die jeweiligen Links zu den digitalen Firmenchronologien zur Verfügung gestellt. Drei bis vier Teilnehmer:innen in einer Kleingruppe können ihre Beobachtungen gemeinsam diskutieren und überlegen, welche Aspekte sie später im Plenum den anderen Teilnehmenden vorstellen möchten. Dabei können eklatante Lücken genauso thematisiert werden, wie einzelne euphemistische Begriffe oder Narrationen von Heroisierung oder Selbst-Viktimisierung. Auch wie prominent oder versteckt Informationen positioniert sind und welche Bildsprache verwendet wird, kann Teil der Analyse sein. Interessant ist darüber hinaus die Darstellungsweise der Zwangsarbeiter:innen –so sie überhaupt vorkommen: anonym und als Masse oder als handelnde Akteure? Der Analysezeitraum kann die Nachkriegszeit miteinschließen.

Nach der Präsentation durch die Kleingruppe, die durch die Einblendung von Screenshots oder dem Teilen des Bildschirms der jeweiligen Homepage visuell unterstützt wird, können die anderen Teilnehmenden Rückfragen stellen oder auf andere Aspekte hinweisen. Die Workshopleitenden können im Anschluss offene Fragen klären, kontrastierende Zitate von ehemaligen Zwangsarbeiter:innen einbringen oder Lektürehinweise geben. Ziel des Workshops ist dabei nicht, jede Firmenhistorie erschöpfend darzustellen, sondern neugierig zu machen, für Narrationen zu sensibilisieren und kritische Analysefähigkeit und Urteilskompetenz zu fördern. Bei der Abschlussdiskussion können je nach Interesse verschiedene Aspekte vertieft werden. So lässt sich über die Frage von Schuld und Verantwortung der Unternehmen genauso gut sprechen wie über verschiedene Gründe der Aufarbeitung und Strategien der Vergangenheits- und Erinnerungspolitik von Unternehmen. Ebenso kann auf aktuelle Debatten eingegangen oder über Möglichkeiten, sich mit der Geschichte des eigenen Betriebs oder der eigenen Branche weitergehend auseinanderzusetzen, diskutiert werden.

Das 2,5-stündige Angebot ist als ortsungebundener Einstiegsworkshop ohne besondere Vorkenntnisse konzipiert, kann aber auch zur Nachbereitung des Besuches eines Erinnerungsortes eingesetzt werden.

Der Workshop ist beim Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit kostenfrei auf Deutsch und Englisch buchbar.

Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit
Britzer Straße 5
12439 Berlin

Kontakt: Bildung-SW@topographie.de