Gedenkstätte und Museum Trutzhain
Am 27. Juni 2003 wurde die „Gedenkstätte und Museum Trutzhain“ in Schwalmstadt-Trutzhain (Nordhessen), in einer früheren Wachbaracke des Kriegsgefangenenlagers STALAG IX A Ziegenhain eröffnet. Sie gehört zu den vier zentralen Gedenkstätten in Hessen, die beispielhaft für unterschiedliche Verfolgungskomplexe der NS-Zeit stehen. Die Gedenkstätte befindet sich in Trägerschaft der Stadt Schwalmstadt.
Die Dauerausstellung der Gedenkstätte zeigt in vier Räumen unter Einbeziehung von Originalobjekten die Geschichte von der Entstehung des Kriegsgefangenenlagers 1939 bis zur Gründung der jüngsten hessischen Gemeinde Trutzhain 1951. Sie erinnert an das Schicksal der Kriegsgefangenen unter dem NS-Regime, an ihre völkerrechtswidrige Behandlung und ihren Einsatz zur Zwangsarbeit.
Zu der Gedenkstätte gehört auch ein Außenbereich. Dieses Gelände besteht aus der ehemaligen Lagerstraße mit ihren Baracken, die heute als Wohnraum genutzt werden, und zwei Friedhöfen (Kriegsgräberstätten). In diesem Bereich finden regelmäßig Führungen statt. Inzwischen ist ein Rundgang mit einer digitalen App möglich.
In der Gedenkstätte liegt der Fokus auf der NS-Zeit, aber auch die Nachkriegsnutzung dieses Bereiches wird thematisiert. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges gelangten erste Kriegsgefangene in das STALAG IX A Ziegenhain. Unter den mehr als 10 000 Insassen und weiteren über 43 000 registrierten Kriegsgefangenen, die in externen Arbeitskommandos eingesetzt waren, befanden sich hauptsächlich Franzosen und seit Herbst 1941 auch sowjetische Kriegsgefangene. Diese waren in einem gesonderten Bereich, dem sogenannten Russenlager, unter menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht. Im Gegensatz zu den westeuropäischen Häftlingen unterstanden sie nicht dem Schutz der Genfer Konvention. Viele von ihnen starben und wurden anonym auf einem Friedhof im Wald verscharrt, der 1992 zur Mahn- und Gedenkstätte Waldfriedhof Trutzhain umgestaltet wurde. Die französischen Häftlinge begrub man nach ihrem Tod auf dem heutigen Gemeindefriedhof.
Am 30. März 1945 befreiten amerikanische Truppen das STALAG IX A Ziegenhain und richteten in den Baracken bis zum Sommer 1946 ein Internierungslager für Wehrmachtsoldaten, SS- und SA-Angehörige, NSDAP-Funktionäre und Frauen, die NS-Organisationen angehörten, ein.
Zwischen 1946 und 1947 wurden kurzzeitig jüdische „Displaced Persons“, Überlebende des Holocaust, in den Baracken untergebracht. In dem von der amerikanischen Militärregierung eingerichteten DP-Camp lebten etwa 2 000 Juden:Jüd:innen, für die dieser Ort als Durchgangslager diente. Bis heute existieren noch Wandmalereien aus dieser Zeit wie z.B. Davidsterne an den Decken einiger ehemaliger Baracken.
Zu den wichtigsten Aufgaben der Gedenkstätte gehört die pädagogische Vermittlung. Unterstützt wird die pädagogische Arbeit seit 2015 durch eine Lehrerabordnung mit vier Wochenstunden. Für die politisch-historische Bildung verfügt die Gedenkstätte über ein vielfältiges Lernangebot für verschiedene Schultypen und Altersgruppen. Zu dem umfangreichen Angebot der Gedenkstätte gehören auch Lehrerfortbildungen und Zeitzeugengespräche. Eine besonders wichtige Aufgabe der Gedenkstätte ist die Schicksalsklärung der Opfer. Wöchentlich gehen Anfragen ein, in denen Angehörige Näheres über das Schicksal ihrer Väter, Großväter und Urgroßväter erfahren möchten.
Anschrift
Öffnungszeiten
Dienstag bis Donnerstag: 9–13 Uhr, 14–16 Uhr
Freitag: 9–13 Uhr
2. und 4. Sonntag im Monat: 14–17 Uhr