Der historische Ort, an dem sich heute die Gedenkstätte Breitenau befindet, wurde 1113 als Benediktinerkloster gegründet. Im Zuge der Reformation wurde das Kloster aufgelöst und die Gebäude verfielen. In der leerstehenden Klosterkirche und auf dem ehemaligen Klostergelände wurde 1874 ein Arbeitshaus eingerichtet. Die hier Untergebrachten sollten zu einer bürgerlichen, „geordneten“ Lebensweise erzogen werden. Dies war der Beginn der Doppelnutzung der ehemaligen Klosterkirche: Auf der einen Seite waren die Menschen untergebracht, die im Arbeitshaus lebten, auf der anderen Seite feierte die evangelische Gemeinde ihre Gottesdienste. 

Im Nationalsozialismus wurde der Ort multifunktional genutzt. Zunächst wurde am 16. Juni 1933 ein frühes Konzentrationslager eingerichtet. Auf Grundlage der sogenannten Schutzhaft waren hier bis März 1934 insgesamt 470 Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftsangehörige inhaftiert.  Im Zuge der Novemberpogrome 1938 diente die Anstalt vorübergehend als Haftort für Juden aus Guxhagen und Umgebung. Über die gesamte NS-Zeit hinweg bestand das Arbeitshaus, unter dessen Insassen mindestens 21 Männer Opfer von Zwangssterilisationen wurden. Es wurde erst 1949 geschlossen.

Im Mai 1940 richtete die Geheime Staatspolizei Kassel darüber hinaus in den Gebäuden das „Arbeitserziehungslager“ (AEL) Breitenau ein. Bis zur Auflösung des Lagers im März 1945 waren hier insgesamt 8 304 Menschen, vor allem ausländische Zwangsarbeiter:innen und deutsche Gestapo-Gefangene inhaftiert.  

Durch Gespräche mit Max Mayr, einem ehemaligen politisch Verfolgten, erhielt ein Forschungsteam der Gesamthochschule Kassel Ende der 1970er-Jahre den Hinweis, dass sich im Keller des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Landesarbeitsanstalt große Aktenbestände erhalten haben. Die Forscher:innen sichteten die Akten und deckten nach und nach immer weitere und neue Details zum frühen Konzentrationslager und AEL auf. Aus den Recherchen entstand eine erste Wanderausstellung, die seit 1982 dauerhaft in der historischen Zehntscheune des ehemaligen Klosters Breitenau gezeigt wurde.  Das Jahr 1984 gilt als Gründungsjahr der Gedenkstätte als feste Ansprechpartnerin für ehemalige Inhaftierte des Konzentrationslagers und AEL. In den 2000er Jahren unterstützte sie viele ehemalige ausländische Zwangsarbeiter:innen bei der Beantragung von Entschädigungsleistungen.

Im Mittelpunkt des Bildungsangebotes der Gedenkstätte steht ein circa 90-minütiger Rundgang über das Gelände mit anschließender Aktenarbeit. Dabei erschließen die Teilnehmenden quellenkritisch Fallakten der Gestapo-Gefangenen des AEL Breitenau nach unterschiedlichen Clustern wie Verfolgungsgründen oder Täterschaft.  Als erweitertes Angebot bietet die Gedenkstätte Module wie Kreatives Schreiben oder selbstständiges und vertiefendes Erkunden des historischen Ortes mit Hilfe von QR-Codes an. Die Themenschwerpunkte liegen auf dem frühen Konzentrationslager als Instrument der Machtetablierung sowie dem AEL als Mittel der Disziplinierung und Bestrafung insbesondere von NS-Zwangsarbeiter:innen. Seit September 2022 bietet die Gedenkstätte darüber hinaus Stadtrundgänge zu NS-Zwangsarbeit in Kassel an.

Rundgang Besucher:innengruppe
Rundgang Besucher:innengruppe

Anschrift

Gedenkstätte Breitenau
Brückenstraße 12
34302 Guxhagen
Telefon: 05665 3533

Öffnungszeiten

Dienstag bis Freitag: 9–16 Uhr 

Sonntag: 13–17 Uhr (Führungen für Einzelbesucher:innen 14.30 Uhr)